Die Unbelehrbaren    von Gabriele Gerlach

 

So steh ich hier, ich armer Tor,

doch bin ich klüger als zuvor!

Ich forschte nun schon viele Jahre

und raufte mir dabei die Haare.

Es dauerte, doch kenn ich heute

das Treiben dieser dreisten Meute.

Die Besen die sie riefen,

sie kehrten gut, und liefen

allüberall im Land umher

und dabei wurden‘s immer mehr.

Sie drangen ein in jedes Haus,

und fegten euch das Hirn heraus.

 

      Doch leider gab es Renitente,

          so freigeistliche Elemente.

 

Dem Staate gar ein furchtbar Graus:

Die müssen weg, die müssen raus!

Sie redeten vom blinden Staat,

von Marionetten und Verrat.

Sie klagten über all die Kriege

und sagten, die beruh‘n auf Lüge.

Dem Staate gar ein furchtbar Graus:

Die müssen weg, die müssen raus!

Sie waren nicht mehr länger dumm,

und machten sich nun nicht mehr krumm.

Sie rissen Löcher in das Netz,

die Wahrheit wurde ihr Gesetz.

Dem Staate gar ein furchtbar Graus:

Die müssen weg, die müssen raus!

Sie fordern ihr Recht auf Recht,

und riefen, das System sei schlecht.

Sie widersprachen plötzlich laut,

sie hatten dieses Spiel durchschaut.

Dem Staate gar ein furchtbar Graus:

Die müssen weg, die müssen raus!

Die Schlingen wurden nun zu Knoten,

die freie Rede flugs verboten.

Der Staat zur großen Keule griff,

wer nicht konform sein Liedchen pfiff.

Dem Volke gar ein furchtbar Graus:

Die müssen weg, die müssen raus!

Der Zorn der Masse ist erwacht.

Ihr Mächtigen nehmt euch in Acht.

Wie kam es nur, dass wir so lange

wie ein Kaninchen saßen vor der Schlange?

Welch Schauspiel, aber ach, Theater nur,

ich kann sie sehn, die Puppenspielerschnur.

Die Hampelmänner fürcht ich nicht,

sie zerrt man vielleicht vor Gericht.

Die Spieler selbst, nicht unbekannt.

Ihre Namen - längst genannt.

Doch wird man SIE zur Strecke bringen?

„Wer weiß?“, hör ich‘s im Ohre klingen.

So steh ich hier ich armer Tor,

doch ich bin klüger als zuvor!